Hamburgs Bürgermeister Tschentscher: IOC stellt neue grundlegende Anforderungen

Tschentscher diskutiert neue IOC-Anforderungen.

Hamburg befindet sich erneut an einem Wendepunkt seiner jüngeren Geschichte. Fast sechs Jahrzehnte nach den letzten Sommerspielen in Deutschland und zehn Jahre nach dem gescheiterten Olympia-Referendum unternimmt die Hansestadt einen neuen Versuch: Unter der Führung von Bürgermeister Peter Tschentscher plant die rot-grüne Landesregierung, einen neuen Versuch zu starten, die Olympischen Spiele auszurichten. Diesmal für die Jahre 2036, 2040 oder möglicherweise sogar 2044. Das Vorhaben ist zeitlich genau dann angesiedelt, wenn die Debatte über die Funktion von Mega-Events, die finanziellen Belastungen für die öffentliche Hand und die Nachhaltigkeit von Großprojekten aktueller denn je ist. Die zentrale Fragestellung lautet: Ist die Stadtgesellschaft bereit, sich auf das weltweit größte Sportereignis einzulassen, nachdem die Bevölkerung 2015 die Bewerbung überraschend abgelehnt hat?

Die Bedingungen haben sich seitdem grundlegend verändert – zumindest, wenn man den Aussagen der Verantwortlichen Glauben schenkt. Nach Bürgermeister Tschentscher beginnt mit der Agenda 2020+5 des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) eine "neue Ära der Olympischen Spiele". Sie sei geprägt von Nachhaltigkeit, Transparenz und dem Respekt vor den Bedürfnissen der Gastgeberstädte. Die Bedenken, die 2015 zur Ablehnung führten – vor allem die steigenden Kosten, Intransparenz und die Rolle des IOC, die als zu mächtig empfunden wurde – sollen durch neue Vorgaben gemildert werden. Jetzt geht es darum, die bestehende Infrastruktur bestmöglich zu nutzen, Neubauten zu minimieren und die Spiele besser in die Gesellschaft zu integrieren.

Die Skepsis in Teilen der Bevölkerung hält trotz dieser Veränderungen an. Kritiker weisen darauf hin, dass die grundlegenden Probleme – wie steigende Mieten, soziale Ungleichheit und die Belastung der öffentlichen Haushalte – nach wie vor bestehen. Selbst die Erfahrungen mit den Spielen 2024 in Paris, die als ein Paradebeispiel für nachhaltige Olympische Spiele gelten sollten, werfen neue Fragen auf. Obwohl die beeindruckenden Bilder der Eröffnungsfeier und die Einbindung der Wettkampfstätten in die Stadtlandschaft weltweit Freude bereiteten, kamen auch Berichte über soziale Verdrängung und Kostenüberschreitungen ans Licht.

Die Hamburger Bewerbung steht momentan am Anfang eines langen Entscheidungsprozesses. Ein tragfähiges Konzept soll bis Ende 2025 erstellt und der Bevölkerung zur Abstimmung präsentiert werden. In diesem Wettbewerb tritt die Stadt gegen andere deutsche Großstädte wie Berlin, München und die Rhein-Ruhr-Region an, die ebenfalls ihre Konzepte vorgelegt haben. Die Bundesregierung hat schon ihre Unterstützung signalisiert, aber die entscheidenden Fragen bleiben: Kann Hamburg die Fehler der Vergangenheit vermeiden? Sind die IOC-Vorgaben wirklich grundlegend anders als zuvor? Ist die Stadtgesellschaft bereit für ein weiteres Olympia-Abenteuer?

Die Lehren aus dem Referendum 2015

Das Olympia-Referendum von 2015 war ein entscheidender Moment im Verhältnis der Hamburger Bevölkerung zu Großprojekten. Damals sagten knapp 52 Prozent der Bürgerinnen und Bürger "Nein" zu einer Olympiabewerbung für 2024, was bundesweit für Überraschung sorgte. Es gab verschiedene Gründe für die Ablehnung: Neben der Sorge um explodierende Kosten und das Fehlen finanzieller Zusagen des Bundes waren auch das Misstrauen gegenüber dem IOC und die Angst vor sozialen Verwerfungen entscheidend. Die "Knebelverträge", die das IOC damals verlangte, wurden von vielen mit Skepsis betrachtet, und einige verbanden das Komitee sogar mit kriminellen Machenschaften.

Eine Auswertung der Abstimmungsergebnisse ergab, dass die Ablehnung besonders in Stadtteilen mit angespannten Wohnungsmärkten und hoher sozialer Belastung stark ausgeprägt ist. Dort hatten die Menschen Angst vor steigenden Mieten, Verdrängung und einer Verschärfung sozialer Probleme, weil man sich auf ein Mega-Event konzentrierte. Zur Ablehnung trugen ebenfalls die fehlende Transparenz in der Planung und die unklare Kostenstruktur bei. Die Kosten für die Spiele wurden vom Senat auf etwa 11,2 Milliarden Euro geschätzt, wobei 7,4 Milliarden aus öffentlichen Mitteln stammen sollten. Auf viele hatten diese Zahlen einen abschreckenden Effekt, besonders weil die Erfahrungen aus anderen Gastgeberstädten – wie Athen, Rio de Janeiro oder Sotschi – gezeigt haben, dass die tatsächlichen Kosten oft die Prognosen weit übersteigen.

Ein weiterer Kritikpunkt war, dass die Bürgerbeteiligung vor der Bewerbung gefehlt hat. Viele hatten das Gefühl, dass sie nicht ausreichend informiert oder in die Entscheidungsfindung einbezogen wurden. Die Veröffentlichung der positiven Umfragewerte durch den DOSB kurz vor der Abstimmung wurde von einigen als ein Versuch angesehen, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Eine Mischung aus Skepsis, Misstrauen und dem Eindruck, nicht genug eingebunden zu sein, führte letztlich zur Ablehnung der Bewerbung.

Der aktuelle Versuch wird maßgeblich von diesen Erfahrungen beeinflusst. Der Senat stellt klar, dass die Schwerpunkte dieses Mal Transparenz, Bürgerbeteiligung und eine frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit sind. Die Erfahrungen aus dem Referendum 2015 werden in die neue Bewerbung integriert, um alte Fehler zu vermeiden und die Legitimität des Projekts zu stärken. Trotzdem bleibt es eine Herausforderung, die Bevölkerung von den Vorteilen zu überzeugen und gleichzeitig die Bedenken ernst zu nehmen.

Die neuen IOC-Vorgaben und die Agenda 2020+5

Ein wichtiges Argument für die Befürworter einer neuen Olympia-Bewerbung Hamburgs sind die geänderten Vorgaben des Internationalen Olympischen Komitees. Mit der im März 2021 beschlossenen Agenda 2020+5 vollzieht die internationale Olympiapolitik einen Paradigmenwechsel. Insgesamt gibt es 15 Empfehlungen, die darauf abzielen, die Olympischen Spiele nachhaltiger, transparenter und glaubwürdiger zu machen. Die Agenda ist eine Antwort auf die zunehmende Kritik an den Spielen der vergangenen Jahrzehnte, die immer wieder durch Kostenexplosionen, Umweltzerstörung und soziale Verwerfungen belastet wurden.

Das zentrale Element der neuen Vorgaben ist die strikte Ausrichtung auf Nachhaltigkeit. Das IOC fordert von den Bewerberstädten, dass sie bestehende Sportstätten optimal nutzen und teure Neubauten weitgehend vermeiden. Der Fokus sollte auf temporären Bauten und modularen Lösungen liegen, um "weiße Elefanten" – also ungenutzte Großanlagen nach den Spielen – zu verhindern. Außerdem sind kurze Wege für Athletinnen und Athleten und eine enge Verzahnung der Spiele mit der städtischen Infrastruktur wichtig. Die Stadt sollte sich nicht nach den Olympischen Spielen richten; die Spiele sollten sich der Stadt anpassen.

Ein weiterer Punkt betrifft die soziale Einbindung der Spiele. Die Olympischen Spiele sollen laut der Agenda als Katalysator fungieren, um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Die Hilfe für Flüchtlinge und benachteiligte Bevölkerungsgruppen erhält ebenfalls mehr Aufmerksamkeit. Das IOC hebt hervor, dass die Agenda die Arbeit des Komitees und der gesamten Olympischen Bewegung maßgeblich beeinflusst hat und dass sie die Ausrichtung der Spiele grundlegend verändert habe.

Mit den neuen Vorgaben wollen wir erreichen, dass die Bewerberstädte die Regeln besser annehmen und dass die öffentliche Hand weniger finanziell belastet wird. Das IOC hat versprochen, sich mehr an den Kosten zu beteiligen und die Einnahmen aus Ticketverkäufen und Sponsoring besser zu verteilen. Die Agenda 2020+5 wird als ein Versuch angesehen, die Olympischen Spiele zukunftssicher zu gestalten und den zunehmenden Widerstand gegen Mega-Events zu überwinden. Insbesondere für Hamburg könnten diese Veränderungen die Chance bieten, sich auf eine neue, nachhaltige Grundlage zu bewerben.

Hamburgs Bewerbungskonzept im Jahr 2025

Das Bewerbungskonzept der Hansestadt Hamburg für die Olympischen Spiele im Jahr 2036, 2040 oder 2044 unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von dem Ansatz, der 2015 verfolgt wurde. Der Fokus liegt auf der Nutzung und dem Upgrade der bestehenden Sportstätten. Bürgermeister Peter Tschentscher berichtet, dass schon 87 Prozent der Sportanlagen, die für die Olympischen Spiele benötigt werden, entweder vorhanden sind oder im Bau sind. Anstelle des ursprünglich geplanten großflächigen Stadion-Neubaus in der Hafencity, sieht das aktuelle Konzept vor, ein neues Leichtathletikstadion neben dem Volksparkstadion zu bauen. Nach den Spielen soll dieses Stadion als neue Heimstätte für den Hamburger SV und als multifunktionale Arena dienen.

Die Olympisches-Dorf-Pläne sind eng verbunden mit der Entwicklung der Science City in Bahrenfeld. Nach den Spielen wird das Areal in Wohnraum und innovative Stadtquartiere umgestaltet, was einen nachhaltigen Stadtentwicklungseffekt verspricht. Außerdem nutzt die Bewerbung temporäre Arenen in den Messehallen und auf dem Heiligengeistfeld, um den Bedarf an festen Neubauten weiter zu minimieren. Die Idee, eine Eröffnungsfeier auf der Binnenalster zu veranstalten, ist besonders spektakulär: Fünf kreisrunden Plattformen und Tribünen sollen dort in der Formation der olympischen Ringe aufgebaut werden.

In Hamburg sollen laut dem Konzept 38 Sport-Disziplinen ausgetragen werden. In Kiel werden neben Segelwettbewerben auch Handball und Rugby angeboten. Um die bestehenden Infrastrukturen bestmöglich zu nutzen, sind externe Austragungsorte wie Markkleeberg (Kanuslalom), Suhl (Schießen) und Luhmühlen (Vielseitigkeitsreiten) ebenfalls vorgesehen. Hamburg folgt damit der Vorgabe des Internationalen Olympischen Komitees, die Spiele auf verschiedene Standorte zu verteilen und regionale Kooperationen zu unterstützen.

Außerdem hebt die Bewerbung hervor, dass die Spiele in die städtische Umwelt integriert werden sollen, um neue Impulse für den Breitensport und die Stadtentwicklung zu schaffen. Die Verantwortlichen versprechen, dass die Spiele der gesamten Stadtgesellschaft zugutekommen sollen – von neuen Sportstätten über einen verbesserten Nahverkehr bis hin zur internationalen Sichtbarkeit Hamburgs. Der Deutsche Olympische Sportbund prüft aktuell das Bewerbungskonzept. Eine detaillierte Finanzplanung, die bis Anfang 2026 erstellt werden soll, wird die Grundlage für das geplante Referendum bilden.

Finanzierungsmodelle und Kostenkontrolle bei Olympischen Spielen

Die Finanzierung der Olympischen Spiele ist eines der wichtigsten Themen, über das die Öffentlichkeit diskutiert. In der Geschichte waren Kostenüberschreitungen und unklare Finanzierungsmodelle immer wieder der Grund für Kritik und Ablehnung. Die Lehren aus Sotschi 2014, Rio de Janeiro 2016 und den Sommerspielen in Tokio und Paris belegen, dass die realen Kosten oft die ursprünglichen Schätzungen um ein Vielfaches übersteigen. Die Gesamtkosten der Hamburger Bewerbung von 2015 lagen bei 11,2 Milliarden Euro, wovon 7,4 Milliarden aus öffentlichen Mitteln kommen sollten. Die Bevölkerung reagierte mit erheblicher Skepsis auf diese Summen.

Die neuen IOC-Vorgaben und die Agenda 2020+5 greifen genau hier ein. Eine realistische, transparente und nachhaltige Finanzplanung ist das, was sie von den Bewerberstädten erwarten. Es gilt, kostspielige Neubauten zu umgehen, die bestehende Infrastruktur bestmöglich zu nutzen und temporäre Lösungen zu priorisieren. Das IOC verspricht, sich stärker an der Finanzierung zu beteiligen: Zuschüsse aus dem olympischen Topf, Einnahmen aus Ticketverkäufen, Sponsoring und internationale Medienrechte sollen einen größeren Teil der Kosten abdecken. Ein zentrales Anliegen ist es, finanzielle Risiken auf mehrere Schultern zu verteilen.

Es gibt noch keine detaillierte Kostenkalkulation für die aktuelle Bewerbung in Hamburg. Bürgermeister Tschentscher hebt hervor, dass das sportfachliche Konzept vom DOSB zuerst geprüft werden muss, bevor man eine belastbare Finanzplanung erstellen kann. Wichtige Hinweise werden aus den Erfahrungen der Paris 2024 Spiele abgeleitet: Dort lagen die Kosten für öffentliche Mittel bei rund sechs Milliarden Euro, was deutlich weniger ist als in früheren Austragungsstädten. Trotzdem wurden auch dort die Kosten überschritten und es gab Kritik an der Verwendung öffentlicher Gelder.

Ein weiterer Punkt der Finanzierung betrifft die Wiederverwendung der Anlagen. Die Hamburger Bewerbung setzt auf die Idee, dass Investitionen in Sportstätten und Infrastruktur der Stadt langfristig zugutekommen. Um zu verhindern, dass teure "Geisterstädte" entstehen, soll das geplante Leichtathletikstadion nach dem Vorbild anderer Sportstätten multifunktional genutzt werden, und das Olympische Dorf soll in Wohnraum umgewandelt werden. Es werden auch Synergieeffekte im öffentlichen Nahverkehr und in der Stadtentwicklung erwartet.

Die Bundesregierung hat schon ihre Unterstützung signalisiert, hebt aber hervor, dass eine solide Finanzplanung erforderlich ist. Um die Belastung der städtischen und staatlichen Haushalte zu minimieren, sollen private Investoren eingebunden, EU-Fördermittel genutzt und das IOC beteiligt werden. Ob dieses Modell tatsächlich funktioniert, hängt entscheidend von der Akzeptanz der Bevölkerung ab.

Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung im Fokus

Die neue Olympische Agenda hat ein zentrales Element: die Betonung von Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung. In den letzten Jahrzehnten wurde deutlich, dass Mega-Events wie die Olympischen Spiele nicht nur sportliche Höhepunkte sind, sondern auch große Auswirkungen auf die Umwelt, die Stadtentwicklung und soziale Strukturen haben können. Die berechtigte Kritik an Umweltzerstörung, Ressourcenverschwendung und sozialer Verdrängung in zahlreichen Gastgeberstädten hat das Ansehen der Spiele nachhaltig geschädigt.

Aus diesem Grund verlangt die IOC-Agenda 2020+5 von den Bewerberstädten, dass sie eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln. Die Stadt Hamburg hebt hervor, dass 87 Prozent der benötigten Sportstätten bereits existieren oder sowieso gebaut werden. Nach den Spielen müssen temporäre Bauten abgebaut und wiederverwendet werden. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Nachnutzung: Das Olympische Dorf in der Science City soll nach den Spielen in Wohnraum und innovative Stadtquartiere umgewandelt werden. Der Neubau des Leichtathletikstadions wird nach seiner Nutzung für Leichtathletikveranstaltungen dem Profifußball und anderen Großevents dienen.

Im Bereich Umwelt- und Klimaschutz setzt die Bewerbung ebenfalls neue Maßstäbe. Die Spiele sollen klimaneutral gestaltet werden, indem man erneuerbare Energien nutzt, nachhaltige Mobilitätskonzepte umsetzt und Emissionen minimiert. Die Hamburger Bewerbung beinhaltet den Plan, den öffentlichen Nahverkehr während der Spiele massiv auszubauen und ihn für alle Akkreditierten kostenfrei anzubieten. Außerdem sind neue Fahrradinfrastruktur und ÖPNV-Verbindungen vorgesehen.

Auch die soziale Dimension der Nachhaltigkeit ist äußerst wichtig. Die Stadt hat vor, die Spiele als Katalysator für den sozialen Wohnungsbau zu nutzen und die Entwicklung von benachteiligten Stadtteilen zu fördern. Das Konzept umfasst die Integration von Flüchtlingen, die Unterstützung von Inklusion und Barrierefreiheit sowie die Einbeziehung von Bürgerinitiativen und NGOs. Die Bewerbung als "Stadt der kurzen Wege" möchte einen Gegenpol zu den oft kritisierten Olympiastädten der Vergangenheit bilden.

Die Lehren aus Paris 2024 verdeutlichen jedoch die Grenzen solcher Konzepte. Auch wenn die Nachhaltigkeitsziele ambitioniert sind, haben sich dort soziale Verdrängungen und Kritik an der Umsetzung der Versprechen eingestellt. Hamburg muss die Herausforderung annehmen, aus diesen Erfahrungen zu lernen und die Fehler nicht zu wiederholen. Die Glaubwürdigkeit und Transparenz der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie werden entscheidend dafür sein, ob die Bewerbung erfolgreich ist.

Gesellschaftliche Debatte und Bürgerbeteiligung

Die Diskussion über die Olympischen Spiele in Hamburg ist von kontroversen Ansichten und intensiven Auseinandersetzungen gekennzeichnet. Die Stadtregierung sieht in den Spielen eine Chance für Innovation, internationale Sichtbarkeit und eine nachhaltige Stadtentwicklung, doch es gibt auch eine starke Opposition dagegen. Die Erinnerungen an das gescheiterte Referendum von 2015 sind noch frisch, und viele Bürgerinnen und Bürger stellen sich die Frage, ob die Versprechen von damals diesmal eingehalten werden.

Die NOlympia-Bewegung, die schon 2015 einen großen Einfluss auf das Scheitern der Bewerbung hatte, hat sich auch diesmal deutlich positioniert. Sie übt Kritik daran, dass der Senat mit dem Olympia-Projekt einen angeblichen Entwicklungsmotor aus der Schublade zieht, während grundlegende soziale Probleme wie steigende Mieten, Armut und die drohende Klimakatastrophe ungelöst bleiben. Die Bewegung kritisiert, dass Hamburg kein einziges olympiataugliches Stadion habe und dass weder der Hauptbahnhof noch der Flughafen für den Massenandrang geeignet seien. Die Kritik wird von Umweltorganisationen wie dem BUND unterstützt, die sich ebenfalls gegen eine Bewerbung aussprechen.

Demgegenüber stehen Sportverbände, Wirtschaftsvertreter und einige Politiker, die die positiven Auswirkungen der Spiele betonen. Sie heben hervor, dass die neuen IOC-Vorgaben und die Agenda 2020+5 viele der früheren Probleme angehen. Die Spiele haben das Potenzial, den Breitensport, die Stadtentwicklung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt neu zu beleben. Ein weiteres Argument ist die Chance, Hamburg international ins Rampenlicht zu rücken und als Pionier für nachhaltige Mega-Events zu fungieren.

Ein wesentlicher Unterschied zur Bewerbung von 2015 ist die geplante umfassende Beteiligung der Bürger. Der Senat gibt bekannt, dass er die Bevölkerung frühzeitig in den Entscheidungsprozess einbeziehen wird. Ein weiteres Referendum ist für Ende 2025 angesetzt, um die Legitimität der Bewerbung zu gewährleisten. Um sicherzustellen, dass die Sorgen und Wünsche der Bevölkerung gehört werden, sind Informationsveranstaltungen, Bürgerdialoge und die Einbindung von NGOs und Initiativen geplant.

Die gesellschaftliche Debatte ist nun offener und pluralistischer als bei der ersten Bewerbung. Die Herausforderung liegt darin, einen echten Dialog zu schaffen, in dem Kritik ernst genommen wird und die Vorzüge sowie die Risiken transparent kommuniziert werden. Die Glaubwürdigkeit und das partizipative Element des Entscheidungsprozesses sind entscheidend dafür, wie sehr die Spiele angenommen werden.

Vergleich mit anderen Bewerberstädten und internationalen Erfahrungen

Die Olympiabewerbung Hamburgs ist nicht isoliert. Zusätzlich zur Hansestadt haben Berlin, München und die Rhein-Ruhr-Region eigene Konzepte beim Deutschen Olympischen Sportbund eingereicht. Die Konkurrenz ist stark, und jede Stadt verfolgt einen eigenen Weg, um den IOC-Vorgaben zu entsprechen und die Bevölkerung zu überzeugen.

Berlin setzt auf seine internationale Bedeutung und die Lehren der Vergangenheit. Die Bundeshauptstadt sieht sich als idealer Austragungsort für die Spiele, dank ihrer zentralen Lage, der vorhandenen Infrastruktur und ihrer multikulturellen Identität. München hingegen erinnert sich fondly an die Spiele von 1972 und das nachhaltige Erbe, das sie hinterlassen haben. Die dezentrale Struktur der Rhein-Ruhr-Region ist ein Vorteil, da sie es erlaubt, die Wettkämpfe auf mehrere Städte zu verteilen und so den Druck auf einzelne Standorte zu minimieren.

Weltweit ist der Wandel hin zu Olympischen Spielen, die nachhaltiger, dezentraler und partizipativer sind, deutlich zu beobachten. Die Olympischen Spiele 2024 in Paris wurden als Inspiration für eine neue Olympiade angesehen, die auf bestehenden Infrastrukturen basiert und die gesamte Stadt einbezieht. Die grandiose Eröffnungsfeier auf der Seine und die Verwendung berühmter städtischer Plätze für Wettbewerbe haben neue Maßstäbe gesetzt. Die Berichte über soziale Verdrängung und Kostenüberschreitungen belegen jedoch, dass selbst die besten Konzepte an ihre Grenzen stoßen können.

Die Erlebnisse aus Tokio 2021, die unter Pandemiebedingungen stattfanden, sowie die geplanten Spiele in Los Angeles 2028 bieten zusätzliche wichtige Einsichten. In Tokio waren die Spiele geprägt von der Bewältigung von Krisen, während Los Angeles auf eine große Nutzung bestehender Anlagen und eine enge Zusammenarbeit mit der Bevölkerung setzt. Die beiden Beispiele verdeutlichen, dass Flexibilität, Nachhaltigkeit und Transparenz als zentrale Erfolgsfaktoren etabliert wurden.

Um national und international konkurrenzfähig zu sein, muss Hamburg kreative Antworten auf die Herausforderungen von Mega-Events finden. Die Stadt hat die Chance, als Pionier für nachhaltige, bürgernahe und sozialverträgliche Olympische Spiele zu fungieren – wenn die Konzepte glaubwürdig umgesetzt werden und die Bevölkerung das Projekt unterstützt.

Die nächsten Schritte: Zeitplan und Entscheidungsprozess

Es ist ein schwieriger und ungewisser Weg, um eine erfolgreiche Olympia-Bewerbung zu gestalten. Eine entscheidende Phase beginnt jetzt für Hamburg, in der die Weichen für die kommenden Jahre gestellt werden. Zu Beginn steht die Evaluierung des sportfachlichen Konzepts durch den Deutschen Olympischen Sportbund im Fokus. Eine umfassende Finanzplanung wird parallel dazu erstellt und soll bis Anfang 2026 fertig sein. Diese Planung bildet die Basis für alle weiteren Entscheidungen und sorgt für Transparenz und Nachvollziehbarkeit.

Ein zentrales Element des Ablaufs ist die umfassende Beteiligung der Bürger. Bis Ende 2025 will der Senat eine umfassende Informationskampagne starten, die alle Bürgerinnen und Bürger über die Chancen, Risiken und Details der Bewerbung aufklärt. Um sicherzustellen, dass die Ansichten und Vorschläge der Bevölkerung berücksichtigt werden, sind Diskussionsforen, Bürgerdialoge und Workshops geplant. Die Lehren aus dem gescheiterten Referendum von 2015 haben uns deutlich gemacht, dass es entscheidend ist, Entscheidungsfindungen transparent und partizipativ zu gestalten.

Das geplante Referendum Ende 2025 wird die Bewerbung auf die Probe stellen. Der Senat wird die Bewerbung offiziell beim IOC einreichen, wenn mehr als die Hälfte der Hamburgerinnen und Hamburger zustimmt. Die Bundesregierung hat schon angedeutet, dass sie eine Bewerbung unterstützen wird, solange es eine breite gesellschaftliche Akzeptanz gibt. In den kommenden Monaten werden wir auch die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern, dem Bund und privaten Partnern intensivieren.

Neben der internen Vorbereitung muss Hamburg auch im nationalen Wettbewerb bestehen. Es wird erwartet, dass der DOSB Anfang 2026 entscheidet, welche deutsche Stadt als offizieller Bewerber ins Rennen geht. In der internationalen Phase präsentiert die Stadt ihr Konzept dem IOC und der Weltöffentlichkeit. Das IOC wird voraussichtlich frühestens 2029 endgültig entscheiden, wo die Spiele vergeben werden.

Die nächsten Monate sind also entscheidend für die Zukunft der Hamburger Olympia-Bewerbung. Es ist entscheidend für den Erfolg, wie glaubwürdig, transparent und inklusiv der Prozess ist – und ob es gelingt, die Bevölkerung von der Vision einer nachhaltigen, sozial verträglichen und wirtschaftlich tragfähigen Olympischen Spiele zu überzeugen.